Jagd nach Haider-Millionen. Der Finanzplatz Liechtenstein will sauber werden. Im NEWS-Interview spricht der Chefermittler über seine Arbeit. NEWS Nr. 41/10 vom 14.10.2010
Von Buwog-Provisionen bis Haider-Konten: Liechtenstein gilt uns in vielen Fällen noch immer als Versteck für dubiose Gelder. Dabei ist das Fürstentum bemüht, aufzuräumen. Dafür zuständig ist der Schweizer Jurist René Brülhart. Der Chef der Financial Intelligence Unit Liechtenstein erklärt im NEWS-Interview, wie sehr sich Liechtenstein geändert hat und wie die Suche nach den Haider-Millionen läuft.
News: Was macht Ihre Behörde in Liechtenstein genau?
René Brülhart: Die Financial Intelligence Unit ist die zentrale Meldestelle zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Liechtenstein. Liechtenstein kam im Jahr 2000 auf die schwarze Liste der Financial Action Task Force (FATF), weil keine genügende internationale Zusammenarbeit zur Geldwäschebekämpfung bestand. Um von dieser Liste gestrichen zu werden, musste meine Behörde geschaffen werden. Wichtige Themen für uns sind die Bekämpfung von Geldwäsche, Korruption, Terrorismusfinanzierung oder der Umgehung internationaler Sanktionen.
News: Welche Beispiele gibt es?
Brülhart: Der Siemens-Schmiergeldskandal wurde von Liechtenstein aus aufgedeckt. Wir konnten auch verbotenen Handel mit dem Saddam-Regime im Irak vereiteln.
News: Wie messen Sie Erfolg?
Brülhart: Ich stelle den präventiven Ansatz in den Vordergrund. Wir arbeiten mit Banken, Anwälten und Treuhändern zusammen, damit unerwünschte Kunden erst gar nicht angenommen werden.
News: Welche Kunden will Liechtenstein nicht?
Brülhart: Personen, die aus einem kriminellen Umfeld stammen, dubiose Netzwerke knüpfen oder wenn die Herkunft von Geldern illegal ist.
News: Geht es Ihnen auch um Steuerhinterziehung?
Brülhart: Steuerhinterziehung ist keine Vortat in Liechtenstein. Schmuggel und Umsatzsteuerbetrug sind Vortaten und interessieren uns sehr wohl.
News: Hat sich Liechtenstein geändert?
Brülhart: Es gab einen Paradigmenwechsel: Früher hat man bewusst oder unbewusst weggeschaut, jetzt sieht man hin und deckt es auf. Eine Zeit, in der Liechtenstein seine Unschuld verloren hat, will man nicht noch einmal erleben.
News: Kann man Geld noch in Liechtenstein verstecken?
Brülhart: Der Finanzplatz hat von seiner Anonymität gelebt und wird das auch weiter tun. Aber der Wille zur Aufarbeitung ist da. Anonymität soll die Privatsphäre schützen, nicht illegale Machenschaften. Ich behaupte nicht, dass Liechtenstein schon ganz clean ist.
News: Wenn es den Verdacht gibt, ein Landeshauptmann aus Österreich habe Geld in Liechtenstein gebunkert, können Sie von sich aus tätig werden?
Brülhart: Wir haben keine Ermittlungskompetenz. Aber sobald es Hinweise gibt, werden wir aktiv. Nehmen wir Ihr Beispiel eines österreichischen Landeshauptmanns: Da kommt es darauf an, wie viel Geld es ist und ob die Herkunft klar ist. Jeder darf ein Bankkonto haben. Wenn es aber um Millionenbeträge geht, müssten Treuhänder oder Finanzinstitute von Gesetzes wegen Meldungen erstatten und würden es wohl auch tun.
News: Sind Sie auf der Suche nach den Haider-Millionen?
Brülhart: Die Frage ist, ob es die Millionen wirklich gibt.
News: Gibt es einen Akt Haider bei Ihnen?
Brülhart: Der Fall ist von hohem Interesse für uns.
News: Was tun Sie konkret?
Brülhart: Gehen Sie davon aus: Sollten Konten vorliegen, die einen möglichen illegalen Hintergrund haben, würde Liechtenstein das aufarbeiten und klar kommunizieren.
News: Ein Fall Haider ist demnach bei Ihnen noch offen?
Brülhart: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigen, noch dementieren.
News: Wie ist das bei Erfolgen wie den entdeckten Konten von Walter Meischberger: Waren Sie bei der Suche involviert?
Brülhart: Sie können davon ausgehen, das wir im Rahmen unserer Zuständigkeit aktiv sind. Aber wir veröffentlichen keine Meldungen.