Heil Hitler. Fotos belegen, wie blaue Wahlhelfer die Hand zum Hitlergruß heben. Ein Blick hinter die Kulissen der Strache-Partei. Von K. Kuch, C. Milborn. NEWS Nr. 37/10 vom 16.09.2010
Jürgen D. und Melanie G. sind in der Wiener FPÖ fest verankert. Beide sind regelmäßig als Wahlhelfer für die Partei tätig, kennen Parteichef Heinz-Christian Strache persönlich und engagieren sich für die Sache der Freiheitlichen, wo sie nur können. Sie verteilen Luftballons und Flugblätter, jubeln für den Parteichef und tragen stolz FPÖ-Jacken und -T-Shirts. Doch Jürgen D. und Melanie G. haben ein Problem: einen Datenträger, voll mit Fotos, die die beiden Strache-Fans in eindeutigen Posen bei nationalsozialistischer Wiederbetätigung zeigen.
Hitlergruß und Strache-Werbung. Das Potpourri der Bilder ist bunt gemischt: Die NEWS vorliegenden Aufnahmen sind am Rapid-Platz, bei FPÖ-Veranstaltungen, in privaten Räumlichkeiten und an der Alten Donau entstanden. Die Bilder zeigen Melanie G. mit Heinz-Christian Strache, Jürgen D. im Wahlkampfeinsatz für die FPÖ, die Mutter von Melanie G. beim Verunstalten eines Faymann-Plakates und beim Hitlergruß. Sie zeigen Skinheads, Neonazis und Hooligans aus dem Umfeld von Jürgen D. und Melanie G. ebenso wie Bilder der Wahlkampfhelfer mit FPÖ-Politikern wie Heinz-Christian Strache und Barbara Rosenkranz.
Unzweifelhaft ist: Der Hitlergruß ist eine strafrechtlich relevante Tat nach dem Verbotsgesetz. Jürgen D. und Melanie G. – für die die Unschuldsvermutung gilt und deren Gesichter von NEWS daher unkenntlich gemacht wurden – stehen nun im Verdacht des Verstoßes gegen das NS-Verbotsgesetz.
Kontakte quer durch die Partei. Jürgen D., im Zivilberuf „System Engineer“ bei einer Wiener IT-Firma, gibt bei den Internetplattformen Facebook und Xing viel preis. Aufgrund seiner Facebook-Kontakte lässt sich minutiös nachvollziehen, wen er in der FPÖ, bei der deutschen NPD oder sogar im Hooligan-Bereich als Facebook-Freund kennt. Darunter sind beispielsweise: die FP-Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz und deren Kinder Alwine und Volker; der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer und dessen Sohn Wendelin; die FPÖ-Abgeordneten Norbert Hofer, Bernhard Vock, Christian Höbart und Werner Neubauer; der Kärntner FPK-Politiker Uwe Scheuch; die Brüder Johann, Clemens und Markus Gudenus; der oberösterreichische Landesrat Manfred Haimbuchner; der Linzer FP-Stadtrat Detlef Wimmer; der Vorarlberger FP-Klubchef Dieter Egger; der Wiener Alt-FP-Mann Hilmar Kabas; Helwig Leibinger aus der FP-Akademie; der burgenländische FP-Chef Johann Tschürtz und sogar der Chef der deutschen NPD, Udo Voigt. Selbst Kontakte aus der Wiener Hooligan-Szene fehlen nicht.
Bezeichnend ist auch, an welchen Veranstaltungen der FPÖ-Wahlhelfer Jürgen D. teilnimmt: Abgesehen von FPÖ-Events, Burschenschaftertreffen, Totengedenken des Wiener Korporationsringes und Rapid-Spielen stechen auch Matches des Unterligavereins Hellas Kagran ins Auge. Präsident ist dort der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ).
D. selbst gibt auf der Internetplattform Xing an, dass er bei der Verbindung „Rugia Eisgrub zu Wien“ sei. Kurzum: Seine Kontakte und Aktivitäten reichen quer über das ganze Spektrum des blauen Lagers, wobei nach rechts außen scheinbar keine Grenzen gesetzt werden.
Bis zuletzt dabei. NEWS hat FPÖ-Chef Strache bei seinen Wahlkampfauftritten der Vorwoche begleitet. Jürgen D. war dabei in der Lugner City und am Viktor-Adler-Markt zu sehen, wobei er in Favoriten die FPÖ-Jacke trug. Melanie G. hingegen war beim blauen Fest im Wiener Rathaus zugegen – auch sie mit der FP-Jacke. Zudem belegen zahlreiche NEWS vorliegende Fotos, dass beide bereits in früheren Wahlkämpfen für die FPÖ aktiv waren.
Kontakt mit Strache? – „Kein Kommentar.“ NEWS kontaktierte Jürgen D. diesen Dienstag telefonisch, um ihm ein Statement zu den Nazifotos und seinem FPÖ-Engagement abzuringen. Seine Auskunftswilligkeit war jedoch enden wollend: „Kein Kommentar.“
Auf Nachfrage, ob er noch persönlichen Kontakt mit FPÖ-Chef Strache halte, sagt D.: „Auch kein Kommentar.“ Und auf die Frage, ob die „Heil Hitler“-Fotos etwa das Ergebnis einer „besoffenen Geschichte“ seien, antwortet D. ebenso einsilbig: „Kein Kommentar.“