Corinna Milborn findet den Ärger über die ungarische Bankensteuer entlarvend. NEWS Nr. 29/10 vom 22.07.2010. Ressort: Meinung.
Es ist gerade einmal einen Monat her, dass sich Bundeskanzler Werner Faymann als europäischer Held der Bankenabgabe feiern ließ. Über Wochen beklagte der Bundeskanzler den Druck einer Armee von 1.500 Bankenlobbyisten gegen seine Gerechtigkeitspläne, um dann zu jubeln, als der EU-Gipfel die Bankenabgabe beschloss: Der Finanzsektor, der die Krise heraufbeschworen hätte, müsse nun seinen Beitrag zu ihrer Bewältigung leisten.
Eingeknickte Heldenpose. Nun führt die (konservative!) Regierung Ungarns tatsächlich eine Bankenabgabe ein – und von der klassenkämpferischen Heldenpose der österreichischen Bundesregierung ist plötzlich nichts mehr übrig. Denn, oh Graus, die Abgabe trifft Banken – und zwar in hohem Maße österreichische. Nun wollen EU und Internationaler Währungsfonds die Ungarn vereint dazu zwingen, die neue Steuer zurückzunehmen und das Budget auf anderem Wege zu sanieren: mit Kürzungen bei öffentlichen Ausgaben und – mit höheren Steuern. Allerdings für Arbeitnehmer. Und Österreichs Vertreter in IWF und EU machen beim Druck auf Ungarn fleißig mit.
Die Kehrtwende ist bezeichnend: Banken sollen offenbar nur rhetorisch zur Kasse gebeten werden, und nur, wenn es andere trifft – aber nicht, wenn die Steuern in Österreich Auswirkungen haben. Tatsächlich haben es sich die Banken hierzulande schon bisher gut richten können: Sie zahlten in den Krisenjahren kaum Körperschaftssteuer oder bilanzierten sogar, der Gruppenbesteuerung sei Dank, erstaunliche Steuergutschriften.
Es scheint, dass Finanzlobbys nur dann „die Bösen“ sind, wenn sie sich im fernen Brüssel oder an der Wall Street befinden. Wenn es jedoch die eigenen Großbanken trifft, rastet der eingelernte Schulterschluss-Mechanismus ein – und die Regierung bekommt Angst vor der eigenen Steuer-Schneid.