An die Verteidiger der Hinichen: Was wäre, wenn da statt „Fotzen“ „Neger“ stünde?

„Oft ist die Oide deppert, sie spült emanzipiert, dann ist es meist das Beste, wann man ihr eine schmiert. Und kriegt sie ihre Floschn, ins Frauenhaus sie rennt, i sag seids ja net deppert, die Hütten wird niederbrennt.“

So weit ein paar Zeilen aus einem Lied der Hinichen, die heute im Gasometer ihre Hinichen Weihnachten feiern wollten. Nach einem Anruf eines Gemeinderats – mit dem Hinweis, dass der Auftritt den Vereinbarungen zur Subvention widerspreche – sagte der Veranstalter Planet Music das Konzert ab. Und seither geschieht Erstaunliches.

Es ist erst einen Tag her, dass ein (völlig berechtigter) Empörungssturm gegen „heute“ losbrach, weil das Blatt rassistische Sätze gedruckt hatte. Nun aber richtet sich die Empörung nicht gegen den Gasometer oder den Betreiber „Planet Music“ – sondern gegen die Absage. Die FPÖ fährt ihren üblichen Spin und sieht sich – bzw diesmal die Hinichen – als Opfer faschistischer Verfolger. Die IG Autoren landet mit den Vergleichen gar gleich bei einer „Zensur wie bei Metternich.“ Robert Misik hat bei der Absage Bauchweh. Das wirft zwei Fragen auf.

1. Was wäre, wenn hier statt „Fotzen“ stünde: „Neger“?

Was ist anders als bei der Empörung über Rassismus gestern? Leider ist die Antwort einfach: Während sich gegen Rassismus und Antisemitismus mittlerweile eine gesunde Abwehrreaktion etabliert hat, ist Sexismus – und damit Gewalt gegen Frauen – nach wie vor salonfähig. Gerhard Ruiss von den IG Autoren kann sich erlauben, von „Sittlichkeitsempfinden“ zu sprechen, wenn es um Gewalt gegen Frauen geht – als wäre das eine Geschmacksfrage.

Die Probe aufs Exempel: Man nehme etwa den Text „Wir mischen auf im Frauenhaus“, der nun so vehement unter dem Schlagwort „Freiheit der Kunst“ verteidigt wird, und ersetze „Fotzen“ durch „Neger“. Oder „Juden“. Würde man das Auftrittsrecht auf einer öffentlich finanzierten Bühne auch verteidigen, wenn statt „die Fotzen gehören verdroschen“ hier „die Juden gehören verdroschen“ gegrölt würde? Oder „Oft spielt der Neger deppert, er spielt emanzipiert, dann ist es meist das Beste, wenn man ihm eine schmiert“?

Ich glaube kaum. Und ich frage mich, wo der Unterschied ist. Es kann jedenfalls nicht daran liegen, dass Gewalt gegen Frauen ein Randphänomen ist: Jede fünfte Frau ist von Gewalt betroffen. Die Frauenhäuser, die die Hinichen in ihren Texten stürmen und niederbrennen wollen, sind überfüllt. Auch das „das ist doch ironische gemeint!“-Argument zieht nicht. Es gibt keinen ironischen Bruch, weder im Text, noch in der Darbietung, noch in der Inszenierung der Konzerte. Und es genügt eben nicht, Hetze Nachhinein als „Kunst“ oder „Ironie“ zu deklarieren, um damit weitermachen zu können. Der Text ist am Ende dieses Posts zitiert – wer Ironie darin entdecken will, sei auf die Korrespondenz von Elfriede Hammerl mit den Hinichen im profil 2008 verwiesen. Oder auf diesen Text von Dagmar Andree, Vorsitzende des Linzer Frauenhauses, das die Hinichen (erfolglos) angezeigt hat.

Auch die Vergleiche mit Rammstein, Drahdiwaberl usw gehen ins Leere: Ja, Sexismus ist überall. Aber explizite Aufrufe, Frauen zu schlagen und danach das Frauenhaus, in das sie flüchten, anzuzünden? Das ist nicht mehr nur Provokation, und schon gar nicht gehört das auf eine öffentlich subventionierte Bühne.

2. Seit wann ist es Zensur, keine Subvention zu bekommen?

Die Empörung, die man für Aufrufe zu Gewalt an Frauen nicht aufbringt, sammelt sich nun unter dem Schlagwort „Zensur“. Nun wäre es richtig, was Robert Misik dazu schreibt: Politische Interventionen in den laufenden Betrieb eines Veranstalters sind strikt abzulehnen. Nur gibt es in diesem Fall eine Vorgeschichte. Schon 2008 musste Planet Music nach Protesten aus der Zivilgesellschaft ein Konzert der Hinichen absagen. Stadträtin Sandra Frauenberger begrüße die Absage persönlich und öffentlich. Und danach – so wurde es von der Stadt kommuniziert – bekam Planet Music die Auflage, keine rassistischen oder sexistischen Acts mehr zu programmieren. Das war die Bedingung für weitere Subventionen.

Planet Music hat diese Vereinbarung schon letztes Jahr gebrochen. Zum Telefon zu greifen und den Veranstalter darauf hinzuweisen, dass er das gerade wieder macht, mag einem Politiker einer Regierungspartei nicht zustehen. Zensur ist es nicht. Die Hinichen dürfen am freien Markt auftreten, wo immer man sie haben will. Auch Planet Music hätte das Konzert im Gasometer nicht absagen müssen. Doch so viel war dem Veranstalter das Konzert wohl doch nicht wert: Er hat lieber zurückgezogen – um nachher „Zensur!“ zu rufen.

Und das ist der eine Punkt, in dem ich Robert Misik zustimme: Es wäre vielleicht besser gewesen, die Hinichen auftreten zu lassen – um die Subventionen an Planet Music danach ganz zu streichen. Aufrufe zu Gewalt an Frauen haben auf öffentlich subventionierten Bühnen nichts verloren. Und wer trotz Absagen und Auflagen immer wieder versucht, sexistischer Gewalt eine Bühne zu bieten, sollte nicht immer wieder aus Steuergeld finanziert werden.

 

3. Nachtrag: Warum sind solche Texte überhaupt erlaubt?

In den vielen mail-Antworten auf diesen Blogpost (danke!) wiederholt sich eine Frage: Warum sind solche Texte überhaupt erlaubt? Das Linzer Frauenhaus hat bereits vor 10 Jahren Anzeige erhoben – und zwar wegen Aurfuf zu einer mit Strafe bedrohten Handlung und Wiederbetätigung. Hier findet sich im Standard noch ein Artikel dazu. (Interessante Argumentation der Hinichen darin: Der Text handle ja nicht von misshandelten Frauen, sondern von jenen, die Frauenhäuser als Druckmittel gegen ihre Männer missbrauchen. Eine erstaunliche Interpretation eines Liedes, in dem Aufrufe zum Schlagen, Ohrfeigen, Auspeitschen, den Hintern Versohlen sowie zum Anzünden von Frauenhäusern enthalten sind.) Der Staatsanwalt legte die Anzeige damals zurück.

Seit 1.1.2012 gibt es allerdings ein passenderes Gesetz: Nämlich das gegen Verhetzung, §283. Hier der Text:

(1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.

Es wäre also zu beurteilen, ob die Texte der Hinichen Frauen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpfen oder gar zu Gewalt aufrufen. Es möge jeder selbst beurteilen, wie er dazu steht – ein Text steht am Ende des Blogposts. Das Linzer Frauenhaus prüft nun erneut, ob es nach diesem Paragraphen eine Anzeige einbringt.

Wie so ein Verfahren ausgehen würde, hängt in erster Linie vom Staatsanwalt und vom Richter ab. Wenn es um Frauenrechte geht, ist die Justiz gelinde gesagt vorsichtig – wieder bestätigt durch das jüngste Urteil in Graz, dass das Begrapschen von Hinern keine sexuelle Belästigung darstelle. Es kann sehr gut sein, dass auch diese Anzeige zurückgelegt wird; auch wenn man sich dann fragen muss, wozu der Verhetzungsparagraph gut ist.

Allerdings: Nicht alles, was erlaubt ist, muss auch auf subventionierten Bühnen stattfinden. Kulturförderungen sind rar und sind schwer zu bekommen, und natürlich müssen sie nach bestimmten Kriterien vergeben werden. Wer sie vergibt, soll bitte etwas höhere Maßstäbe anlegen als das gerade noch erlaubte. Von mir aus sollen die Hinichen auftreten, wie sie es bisher auch getan haben. Aber wer sie – wie das der Gasometer geplant hat – auf die Bühne bringt, hat keine öffentliche Unterstützung verdient.

(Reaktionen bitte über das Kontaktfeld – Kommentare funktionieren nicht.)

Und hier noch der Text. Achtung, nicht auf nüchternen Magen lesen.

Die Hinichen: Wir mischen auf im Frauenhaus

Lernst du a Maderl kennen,
du fickst es, des ist klass,
doch host es amoil gheirat,
dann denkst da: „so a Schas“,
und kriegt sie erst an Affn,
dann ist sie zum vergessen,
sie wird dann blad und a frigid,
und du bist fest angfressn.

Und gibt´s amoi an Wickel,
in\’s Frauenhaus sie türmt,
doch wir san a ned deppert,
die Hüttn, die wird gstürmt.

Wir mischen auf im Frauenhaus,
yippie, yippie, yeah,
wir peitschen die Emanzen aus,
yippie, yippie, yeah,
wir treiben die Lesben vor uns her,
yippie, yippie, yeah,
das fällt uns Kerl´s gar net schwer,
yippie, yippie, yeah.

Die Fotzen ja die ghörn verdroschen,
yippie, yippie, yeah,
zuerst auf\’s Aug\‘ und dann in´d Goschn,
yippie, yippie, yeah,
i sog\‘: „ihr hobts es ja so wolln“,
yippie, yippie, yeah,
drum müss ma euch den Arsch versohln,
yippie, yippie, yeah.

I und meine Hawara, haum dabei a murds trara!

Oft ist die Oide deppert,
sie spült emanzipiert,
dann ist es meist des Beste,
wann man ihr eine schmiert,
man muß den Weibern zeigen,
daß man der Herr im Haus,
sonst scheissns dir am Schädel,
und ekeln dich hinaus.

Und kriegt sie ihre Floschn,
in\’s Frauenhaus sie rennt,
i sag´ seids ja net deppert,
die Hüttn wird niederbrennt.

Doch auch bei blöde Emanzen,
obsiegt manchmal das Hirn,
die san am Gschmack jetzt kumman,
die Muschis die tan glühn.