Ware Frau

Bestellt. Verkauft. Ausgebeutet. Joy, 19, vermietet ihren Körper für zehn Euro pro Kunde in Wien: Sie muss 45.000 Euro an die Frauenhandels-Mafia abzahlen. Grace, 23, hat die Prostitution verweigert, nun wurde ihr Bruder zu Hause niedergeschossen. Florence, 23, hat in einem monatelangen Marsch zu Fuß die Wüste durchquert – und endet am Rand einer Ausfallstraße. Drei von 40.000 Frauen aus Nigeria, die in Europa als Zwangs-Prostituierte auf der Straße stehen: bestellt, verkauft, ausgeliefert.

Bestellt. Verkauft. Ausgebeutet. Joy, 19, vermietet ihren Körper für zehn Euro pro Kunde in Wien: Sie muss 45.000 Euro an die Frauenhandels-Mafia abzahlen. Grace, 23, hat die Prostitution verweigert, nun wurde ihr Bruder zu Hause niedergeschossen. Florence, 23, hat in einem monatelangen Marsch zu Fuß die Wüste durchquert – und endet am Rand einer Ausfallstraße. Drei von 40.000 Frauen aus Nigeria, die in Europa als Zwangs-Prostituierte auf der Straße stehen: bestellt, verkauft, ausgeliefert.

Mary Kreutzer und Corinna Milborn liefern nicht nur einen fundierten Bericht über Frauenhandel – sie sind auch Dutzenden solcher Schicksale nachgegangen. Gemeinsam mit Joana Adesuwa Reiterer aus Nigeria, die Betroffene berät, berichten sie aus dem Alltag afrikanischer Zwangs-Prostituierter in Frankfurt, Wien, Zürich, Turin. Ihre Recherchen führten sie bis nach Lagos und in nigerianische Dörfer, wo junge Frauen mit falschen Versprechungen nach Europa gelockt werden und ganze Familien von ihren Geldsendungen abhängen. In
riskanten Undercover-Recherchen und Gesprächen mit Menschenhändlern decken sie die Methoden der Frauenhändler auf, gehen der Rolle von Polizei und Behörden nach und sprechen mit den Freiern in Europa. Ein packender und einfühlsamer Bericht über Ausbeutung, Rassismus und die Hintergründe des größten kriminellen Wirtschaftszweiges der Welt.

„Corinna Milborn ist eine Autorin, die Ihnen die Augen öffnen wird.“ (Waris Dirie)

„Mary Kreutzer verbindet Sensibilität mit Präzision. Sie macht uns hellhörig, lehrt uns zwischen den Schlagzeilen zu lesen und lenkt unseren Blick auf die Tatsache, wie nah jenes Unrecht liegt, das uns so fern und fremd erscheint.
Ihr Engagement verführt sie nie zur Einseitigkeit. Sie setzt sich nicht für die eine Seite ein oder für die andere, sondern für die Menschen da und dort – für deren unverbrüchliche und unteilbare Rechte.“ (Doron Rabinovici)

„Man muss sich nur mal vorstellen, was los wäre, wenn eine Österreicherin zur Zwangsprostitution nach Afrika oder Osteuropa entführt würde. Wir würden doch keine Ruhe geben, bis wir sie gerettet hätten. Doch stattdessen sind die Opfer unter uns – ebenso wie die Täter und Profiteure (wie wir gesehen haben: bis in höchste Polizeikreise). Illusionslos betrachtet, ist das das schlimmste Kapitel der gegenwärtigen westlichen, freien und demokratischen Gesellschaft.“ (Jochen Bendele, Kleine Zeitung)

 

Gestürmte Festung Europa

Europa ist dabei, eine Festung gegen Einwanderung zu bauen: an den Außengrenzen mit Mauern und Stacheldraht, im Inneren durch unsichtbare Barrieren, die in gefährlicher Weise die Spaltung der Gesellschaft voran- treiben. Corinna Milborn berichtet von den Brennpunkten dieser Entwicklung: aus geheimen Flüchtlingslagern in Marokko und den Slums der „Illegalen“ in Spanien, aus den Ghettos von Paris und den islamischen Vierteln Londons, aus den Großstädten Deutschlands und Österreichs. Ein explosiver Bericht über die verzweifelte Lage der Menschen am Rand der europäischen Gesellschaft, der in Atem hält, Besorgnis erregt und die große Frage diskutiert: Wie soll es weitergehen?

Europa ist dabei, eine Festung gegen Einwanderung zu bauen: an den Außengrenzen mit Mauern und Stacheldraht, im Inneren durch unsichtbare Barrieren, die in gefährlicher Weise die Spaltung der Gesellschaft voran- treiben. Corinna Milborn berichtet von den Brennpunkten dieser Entwicklung: aus geheimen Flüchtlingslagern in Marokko und den Slums der „Illegalen“ in Spanien, aus den Ghettos von Paris und den islamischen Vierteln Londons, aus den Großstädten Deutschlands und Österreichs. Ein explosiver Bericht über die verzweifelte Lage der Menschen am Rand der europäischen Gesellschaft, der in Atem hält, Besorgnis erregt und die große Frage diskutiert: Wie soll es weitergehen?

Entführt, verhaftet, angeklagt

Lydia Cacho Ribeiro schreibt in Mexiko gegen Kinderpornografie und Korruption an – und setzt dafür ihr Leben aufs Spiel. Ein Porträt für den STANDARD:

„Die Behörden haben tadellos gearbeitet“: Dieser Stehsatz ist nach Kinderporno-Skandalen, Missbrauchsfällen und Vergewaltigungen auch in Mexiko beliebt. Lydia Cacho Ribeira (43), Preisträgerin des Unesco-Preises für Pressefreiheit 2008, hat ihn nie geglaubt – wie viele. Aber als eine der wenigen hat sie es nicht dabei belassen – und nachgebohrt. Seit sie im Jahr 2003 einen Kinderporno-Skandal in ihrer Heimatstadt, dem Badeort Cancún, aufgedeckt hat, hat sich ihr Leben in eine Hölle verwandelt: Sie wurde entführt, verhaftet, der üblen Nachrede angeklagt und verlor einen Prozess gegen die involvierten Politiker vor dem Obersten Gerichtshof. Sie lebt mit ständigen Morddrohungen gegen sich und ihre Familie.

Nie aufgehört zu schreiben

Aufgehört zu schreiben und aufzutreten hat sie jedoch keinen Tag lang. „Sie wollten sie zum Schweigen bringen, aber sie haben das Gegenteil erreicht“, schreibt ein Kollege in der Tageszeitung Universal. „Ihr konntet mich nicht zerstören“, schreibt sie selbst trotzig und stolz. Lydia Cacho glaubt an die Macht der Öffentlichkeit. „Dieser Preis kann mich wohl nicht vor Morddrohungen oder dem Tod selbst schützen. Aber er hilft sicherlich, mein geschriebenes Werk zu schützen und einer breiten Öffentlichkeit die Auswirkungen von Menschenhandel und Kinderpornographie näherzubringen“, begann sie ihre Dankesrede bei der Preisverleihung am 3. Mai in Mozambique.

Lydia Cacho hat ihr soziales Engagement von der Mutter, einer deklarierten Feministin, die sie schon als Kind in die Elendsviertel von Mexiko-Stadt mitnahm. „Wenn du Zeugin von etwas wirst, dann hast du Verantwortung dafür übernommen“, schärft die Psychologin ihrer Tochter ein. Mit Mitte 20 übersiedelt Cacho in die Tourismus-Metropole Cancún, wo sie eigentlich beschaulich malen und Romane schreiben wollte. Doch sie kann den Blick hinter die Fassade nicht vermeiden. Sie schreibt in Lokalzeitungen über AnwohnerInnen, die für Hotelprojekte vertrieben wurden und deren Kinder an Hunger sterben. Sie erzählt die Geschichten der Prostituierten im Nobel-Badeort, schreibt über Aids. Der Gouverneur interveniert und sagt: „Es gibt kein Aids in meiner Provinz.“ „In meiner schon“, antwortet sie trotzig und schreibt weiter gegen Korruption und Gewalt an. Ihre KollegInnen verstehen nicht, warum sie sich öffentlich gegen die Machthaber stellt. „JournalistInnen sind leider leicht zu kaufen in meinem Land“, sagt Cacho.

Cacho bekommt Polizeischutz

1998, nach mehreren Drohungen, wird Cacho an einer Bushaltestelle niedergeschlagen und vergewaltigt. Ob der Überfall mit ihrer Arbeit zu tun hatte, weiß sie bis heute nicht – aber er schärfte ihr Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen weiter. Neben ihrem Job baut Cacho ein Frauenhaus auf. „Ich habe mich jahrelang zwischen zwei Welten bewegt“, sagte Cacho bei der Preisverleihung in Mozambique: „Als feministische Aktivistin gegen Gewalt aufzutreten ist meine Art, Bürgerin zu sein, als Journalistin zu arbeiten ist mein Beruf.“ Cacho gibt keine von beiden Welten auf und beginnt, über Kinderpornografie zu recherchieren. 2005 erscheint ihr Buch Los Demonios del Eden, in dem sie anhand der Aussagen von Opfern einen Kinderporno-Ring in ihrer Heimatstadt aufdeckt und Namen involvierter Geschäftsleute nennt. Die Drohungen vervielfältigen sich, Cacho bekommt Polizeischutz.

Doch im Dezember 2005 wird sie am Weg zur Arbeit entführt – von der Polizei eines anderen Bundesstaates. „Pass auf, Journalisten sterben durch verirrte Kugeln“, sagt einer der zehn Beamten, die sie 20 Stunden lang im Auto in den Staat Puebla ins Gefängnis bringen. Sie erzählen von Plänen, sie zu vergewaltigen. Cacho weiß die ganze Zeit über nicht, ob es sich um Killer handelt. Doch die Polizei ist echt, Cacho wurde vom Geschäftsmann Kamel Nacif, der in ihrem Buch vorkommt, wegen übler Nachrede geklagt. Sie kommt ins Gefängnis, zahlt eine Strafe und kommt frei. Rechtmäßig war die Verhaftung nicht, so viel ist klar. Warum sie so entführt wurde, erfährt Cacho aber erst ein paar Monate später.

Im Februar 2006 werden einem Radio und einer Zeitung Tonbänder mit Mitschnitten von Telefongesprächen zugespielt. Darauf ist der Geschäftsmann Kamel Nacif im trauten Gespräch mit dem Gouverneur des Bundesstaates Puebla, Mario Marin, zu hören. Es geht um Lydia Cacho. Kamel bedankt sich bei Marin dafür, die Verhaftung in die Wege geleitet zu haben, und will dafür ein paar Flaschen Cognac schicken. Er erzählt, dass er drei Insassen des Gefängnisses dafür gezahlt habe, Cacho in der Haft zu vergewaltigen und zu schlagen, um sie zum Schweigen zu bringen.

Cacho erstattet Anzeige gegen den Gouverneur

Doch wenn hohe Politiker involviert sind, mahlen die Mühlen der Justiz besonders langsam. Bis zu den ersten Vernehmungen vergehen Monate. Cacho verliert fast alle Zeugen im Staat Puebla – vielen wurde gedroht, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren würden, wenn sie aussagen. Die Orte, an denen sie festgehalten wurde, werden nachträglich verändert, um ihre Aussagen in Zweifel zu ziehen. Während Tausende zur Unterstützung von Lydia Cacho demonstrieren, startet eine Diffamierungskampagne gegen die Journalistin. „Es ist ein außergewöhnliches Beispiel für Korruption und Machtmissbrauch, aber vor allem für die Frechheit, mit der sie es tun“, sagt Cacho. Am 29. November 2007 entscheidet der Oberste Gerichtshof, dass die Anklage gegen Gouverneur Mario Marin fallengelassen wird. Der Menschenrechtsrat der UNO empfiehlt Lydia Cacho, das Land zu verlassen und um politisches Asyl anzusuchen.

Cacho bleibt – und schreibt

Doch Cacho bleibt – und schreibt. Noch vor ihrer Entführung hatte sie sich den nächsten Skandal vorgenommen, der sich bis in höchste Justiz-, Polizei- und Politikkreise zieht: die Morde an Hunderten von Frauen rund um die Ciudad Juarez, deren Opfer verstümmelt auftauchen oder verschwinden. Dann widmet sie sich ihrem nächsten Buch: Der Erzählung des Falles Cacho. In Memoria de una Infamia – Erinnerung an eine Infamie – arbeitet sie die Geschehnisse seit der Aufdeckung des Kinderpornoringes auf.

Im April, kurz bevor Cacho den Preis für Pressefreiheit bekam, sollte ihr Buch in Puebla vorgestellt werden. Mario Marin, den sie angeklagt hatte, ist dort immer noch Gouverneur. Das große Plakat, das die Buchpräsentation ankündigte, wurde nach wenigen Stunden von der Baupolizei entfernt und durch ein anderes ersetzt. Angestellte im öffentlichen Dienst bekamen Rundschreiben, die den Besuch der Buchpräsentation unter Androhung von Kündigung verboten – versehen mit dem Hinweis, dass Kameras installiert seien. Lydia Cacho wird mit dem Tod bedroht. Sie tritt trotzdem auf.

„Soll ich weiter Journalistin sein in einem Land, das von 300 mächtigen reichen Männern kontrolliert wird?“, fragte Cacho in Mozambique. „War es wert, mein Leben für meine Prinzipien zu riskieren? Die Antwort ist natürlich: ja. Wir Journalisten glauben, dass der Schock, der von unseren Geschichten ausgelöst ist, Menschen guten Willens zusammenbringen muss. Das ist einer der Gründe, warum wir weitermachen, gegen alle Widerstände. Wir kennen die Macht des Mitleids.“ (Corinna Milborn, DER STANDARD, Print, 10.5.2008)

Filmstart “Let’s make money”

Heute, 28. Oktober, ist im Wiener Gartenbaukino Welt-Uraufführung von Erwin Wagenhofers neuem Film “Let’s make money”, für den ich – als zuständige für die Recherche – monatelang mit dem Team um die Welt gefahren bin, immer dem Geld nach.Singapur, Indien, Ghana, Burkina Faso, Spanien, und natürlich die Schweiz.‘, ‚

Heute, 28. Oktober, ist im Wiener Gartenbaukino Welt-Uraufführungvon Erwin Wagenhofers neuem Film “Let’s make money”, für den ich – alszuständige für die Recherche – monatelang mit dem Team um die Weltgefahren bin, immer dem Geld nach.Singapur, Indien, Ghana, BurkinaFaso, Spanien, und natürlich die Schweiz.

Googeln nach Wagenhofer bringt die Rezensionen!

Moderation Club2 zur Finanzkrise mit Joseph Stiglitz

Ein Dutzend der wichtigsten amerikanischen Banken- und Finanzinstitute ist pleite gegangen oder musste de facto verstaatlicht werden. Den totalen Zusammenbruch der Finanzmärkte konnte die amerikanische Regierung möglicherweise nur durch Zuschuss von hunderten Milliarden Dollar verhindern. Dabei hatten gerade diese Finanzmultis in den letzten Jahren durch reine Börsenoperationen Milliardengewinne erzielt. Jetzt fordern alle strengere Regeln und Kontrollen für die Finanzmärkte, von der UNO über die EU bis hin zu den hiesigen Politikern.‘, ‚

Ein Dutzend der wichtigsten amerikanischen Banken- undFinanzinstitute ist pleite gegangen oder musste de facto verstaatlichtwerden. Den totalen Zusammenbruch der Finanzmärkte konnte dieamerikanische Regierung möglicherweise nur durch Zuschuss von hundertenMilliarden Dollar verhindern. Dabei hatten gerade diese Finanzmultis inden letzten Jahren durch reine Börsenoperationen Milliardengewinneerzielt. Jetzt fordern alle strengere Regeln und Kontrollen für dieFinanzmärkte, von der UNO über die EU bis hin zu den hiesigenPolitikern. Aber wer kann den offenbar außer Rand und Band geratenenRaubtierkapitalismus (Helmut Schmidt) wieder zivilisieren? Darüberdiskutieren im CLUB 2 unter der Leitung von Corinna Milborn:

Joseph E. Stiglitz, Nobelpreisträger und Globalisierungspezialist
Ferdinand Lacina, ehemaliger Finanzminister
Robert Halver, Marktanalyst der deutschen Baader Bank
Cornelia Staritz Ökonomin, Attac
Herbert Stepic, Vorstandsvorsitzender Raiffeisen International